Zwanzig Minuten Zeit zwischen Korrekturen, Darkroom, Vorlesungen, Labarbeit, Gym und anderen Wichtigkeiten. Zwanzig Minuten um zu bestätigen "Ja, ich lebe noch!".
Am Sonntag bin ich von meinem Wochenendtip aus Chicago zurückgekommen. Waren zwei super tolle Tage, jedoch auch zwei Tage die ich dummerweise arbeitstechnisch nachholen muss. Zu dem schlaflosen Wochenende in Chicago kommen jetzt noch weitere drei schlaflose Nächte dazu, in denen ich mein Brandbook fertig machen muss. Meine Augenringe fühlen sich an als ob sie sich langsam bis über meine Wangen ausstrecken, ich taumel nur noch über den Campus, ansprechen muss man mich mindestens dreimal bevor ich überhaupt reagiere und von meinen Schlafproblemen die ich in Trier hatte ist auch nichts mehr zu spüren. Die Arbeit verfolgt uns im Moment so sehr, dass Anna gestern sogar mitten in der Nacht aufgeschreckt ist und total panisch rief "Lisa, oh mein Gott wir haben die Vorlesung verpasst!". Nachdem ich sie mit viel Überzeugungskraft davon überzeugt hatte, dass die Vorlesungen nicht auch noch bis in die Nacht erweitert wurden viel sie wieder wie ein Stein in ihre bunten Walmart Kissen.
Aber jetzt doppelt so viel Arbeit zu haben, hat sich auf jeden Fall gelohnt. Chicago ist die tollste Stadt der Welt (Naja, zumindest bis ich New York, Las Vegas, SF und Co. gesehen habe)! Ausgestattet mit einem Dutzend Donuts, Decken, Kissen und warmen Socken ging`s am Donnerstag Abend auf die 10-stündige MegaBus Reise Richtung Chicago. Dort angekommen gings mit dem Taxi weiter zu unserer Übernachtungsmöglichkeit, ein super tolles Pärchen, die in einem Haus, 10 Minuten Fußweg von Downtown entfernt wohnen. Von da aus sind wir bewaffnet mit ordentlich Gepäck (Digitalkamera, Spieglereflex, Analogkamera und dem zusätzliche Kram den Mädels immer so mitschleppen) Richtung Innenstadt gestartet. Gewidmet haben wir uns Freitags vor allem den Touri Zielen Chicagos. Also Millenium Park mit der „Bean“, Museum of Art Institute, Lake Michigan und den Blick auf die Scyline. Abends ging`s aufgetorkelt in den 96sten Stock des Hancock Towers um bei einer fantastischen Aussicht über ganz Chicago einen 20 Dollar Cocktail zu schlürfen. Den Partymarathon den wir uns fest vorgenommen hatten, konnten wir dann leider doch nicht mehr in die Tat umsetzten, da wir uns nach über 24 auf den Beinen wie tot gefühlt haben...und wahrscheinlich auch dementsprechend ausgesehen haben.
Am Samstag haben wir dann natürlich erst mal verschlafen und sind trotz rennen und Unterstützung eines Taxis zu spät zu unserer am Tag vorher gebuchten Segway Tour gekommen. Also die Gruppe war weg.... Aber wie wir schon öfters feststellen mussten, gilt in Amerika anscheinend das Motto „Dreist kommt weiter“. Man kommt zu spät, gar nicht oder verplant sonst irgendwas, wird aber am Ende trotzdem noch dafür belohnt. So haben Anna und ich also eine Extra Tour bekommen. Perfekt auf uns zugeschnitten. Da der Tourguide in unserem Alter war und dazu auch noch Art studiert hatte wusste er genau Bescheid was er uns zeigen musste. Nach einem Frühstück in einem italienischen Cafe gings mit dem Segway quer durch Chicago. So weiß ich jetzt wo Batman gedreht wurde, welche Fotografen gerade angesagt sind und wie die verschiedenen skyscraper heißen.
Das ganze auf dem Segway. Es war einfach der Wahnsinn. Ich will so ein Ding! Geballte 8 Meilen pro Stunde, voll elektrisch und nur durch Vor-und Zurücklehnen des Körpers zu bedienen. Ich war ein Held auf diesem Ding, bei einem Wettrennen gegen Anna hab ich leider verloren, ich schiebe das aber auf einen Fehlstart ihrerseits :)
Samstag Nacht gings dann auch schon wieder Richtung Lawrence. So gut wie ich die Hinfahrt rumbekommen habe umso schlimmer war die Rückfahrt. Der Bus war voll mit böse schauenden Farbigen, die alle einen nicht wirklich seriösen Eindruck auf mich gemacht haben. An Schlaf waren die 10 Stunden nicht wirklich zu denken. Die Frau hinter mir hatte anscheinend, wage ausgedrückt, familiäre Probleme. Das sie dabei zusätzlich aus dem tiefsten Getto von San Louis zu kommen schien machte die ganze Sache nicht unbedingt leichter. So schrie sie über Stunden hinweg in ihr Telefon. In 1,5 Minuten schaffte sie es auf über 20 Schipfwörter (Wir haben Strichliste geführt!). Sätze wie „You motherfucking bitch I don`t give a fuck about the police I am gonna fucking kill you and your damn kids“ waren noch die harmlosen Sätze die ich leicht eingeschüchtert die halbe Nacht ertragen musste. Neben mir saß eine Frau, die zusammen mit dem Typ vor mir ein Schnarchkonzert startete. Keine Ahnung wie sie bei den Telefonaten der netten Dame hinter mir überhaupt ein Auge zu tun konnten. Das Kleinkind auf dem Sitz schräg gegenüber war da anscheinend eher meiner Meinung, sodass es die halbe Nacht am schreien war und irgendwann auch noch wortwörtlich die Hose voll hatte. Total gerädert und dicken roten Augen kamen wir dann nach einer gefühlten Ewigkeit in Kansas City an. An Schlaf war aber auch im Tower angekommen nicht zu denken. Dort warteten die Ordner, Hefter und Unterlagen immer noch genauso wie wir sie verlassen hatten. Schade! Ich bin froh wenn die Woche endlich rum ist und ich mich endlich um meine Augenringe kümmern kann... Aber jetzt erst mal Brandbook designen...